Kennst du sie auch, diese herrlichen Bilder vom nächtlichen Sternenhimmel mit Millionen von funkelnden Sternen und der faszinierenden Struktur der Milchstraße, wie sie mit freiem Auge normalerweise kaum erkennbar ist? Und du fragst dich vielleicht, welches Wunderwerk der Technik es benötigt, um dieses herrliche Naturphänomen auf Bildern festzuhalten? Astrofotografie gehört mit Sicherheit zu den anspruchsvolleren Sparten der Fotografie. Doch keine Sorge, auch du kannst mit ein wenig Übung und dem richtigen Equipment lernen, den nächtlichen Sternenhimmel und die herrliche Milchstraße zu fotografieren. Und ich rede hier nicht von teurer Spezialausrüstung oder hochkomplexer Theorie. In meinem Tutorial möchte ich dir auf einfache und verständliche Weise die Grundlagen der Astrofotografie vermitteln. Ich zeige dir, wie du mit einer normalen Spiegelreflex- oder Systemkamera und einem geeigneten Objektiv tolle Bilder der Milchstraße anfertigen kannst.
Ich selbst habe mich 2016 erstmals mit dem Phänomen Astro- und Sternenhimmelfotografie auseinandergesetzt und in weiterer Folge auch einen Workshop zu dem Thema besucht. Mein bisher angesammeltes Wissen und alle Erfahrungswerte, die ich in den vergangenen zwei Jahre gemacht habe, habe ich dir in diesem Tutorial für Einsteiger in 5 Schritten zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
In 5 Schritten zum perfekten Sternenhimmel Foto – Astrofotografie leicht gemacht
Milchstraße fotografieren: Der perfekte Ort und der richtige Zeitpunkt
Die Grundlage für ein tolles Milchstraßenbild bildet der Ort, wo es aufgenommen wird. Um die Milchstraße und die Sterne mit allen ihren prachtvollen Details wahrnehmen zu können, braucht es einen möglichst dunklen Ort mit wenig Lichtverschmutzung. Als Lichtverschmutzung bezeichnet man zum Beispiel die Lichter von Städten oder Dörfern, den Schein von Straßenlaternen oder auch die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos. Dieses Licht strahlt in den Nachthimmel und wird von der Atmosphäre reflektiert.
In unserem dicht besiedelten Europa ist es gar nicht so einfach, einen geeigneten Ort für Astrofotografie zu finden. Ideale Bedingungen findest du bei uns meistens nur noch im Hochgebirge oder auf weiten Feldern abseits der großen Metropolen. Im Internet gibt es auch einige Karten, die Lichtverschmutzung anzeigen und dir dabei helfen, möglichst dunkle Orte in deiner Umgebung zu finden:
Gibt es einen idealen Zeitpunk, um die Milchstraße zu fotografieren?
Hast du einen dunklen Ort für deine Fotos gefunden, gilt es auch die richtige Zeit zu beachten und zwar sowohl im Hinblick auf die Jahreszeit als auch im Bezug auf den richtigen Zeitpunkt im Laufe eines Monats. Denn auch das helle Licht des Vollmonds kann deine Bemühungen für schöne Nachtbilder zunichte machen. Daher solltest du immer einen Blick auf den Mondkalender werfen und deine Sternenhimmelaufnahmen rund um den Neumond planen, wenn das Mondlicht wenig bis gar nicht vorhanden ist.
Denke auch daran, dass das Zentrum der Milchstraße auf der Nordhalbkugel in den Wintermonaten nicht sichtbar ist. Daher eignen sich in unseren Breiten besonders die Monate zwischen Mai in September für Astrofotografie und Milchstraßenfotos. Allerdings muss man in den Sommernächten beachten, dass die Nächte nicht sehr lang sind und man daher nur ein kurzes Zeitfenster für Sternenhimmelfotos zur Verfügung hat. Die Monate August und September eignen sich daher in der Theorie besser als der Monat Juni, in dem die Nächte am kürzesten sind!
Zu guter Letzt muss man auch noch die Wettervorhersage im Blick haben. Dichte Wolken hindern den Blick auf den Nachthimmel, aber auch Nebel, verdampfender Regen oder Sandpartikel in der Atmosphäre können dein Sternenhimmelfoto negativ beeinflussen.
Kurz zusammengefasst benötigst du als Setting für die Sternenhimmelfotografie also:
- einen dunklen Ort
- einen klaren Himmel
- Neumond
- In Europa die Sommermonate Mai bis September
Tipp: Es gibt Apps, wie zum Beispiel Photo Pills, die dir helfen, den Stand der Milchstraße und die Mondphasen zu bestimmen.
Welche Ausrüstung benötige ich für ein perfektes Sternenhimmelfoto?
Hast du deinen idealen Ort gefunden, solltest du dich in einem nächsten Schritt mit dem Equipment beschäftigen. Keine Sorge, in Zeiten der digitalen Fotografie und der hohen technischen Qualität der Kameras am Markt benötigst du für ein normales Sternenhimmelbild keine extrem teure Spezialausrüstung oder gar ein Teleskop. Einfache Milchstraßenbilder können mit jeder Spiegelreflex- oder Systemkamera geschossen werden, die manuelle Einstellungen zulässt und im Idealfall über ein gutes Rauschverhalten verfügt.
Natürlich steht und fällt die Qualität des aufgenommenen Fotos mit der Qualität der Kamera bzw. vor allem des verbauten Sensors, aber schon Einsteigerkameras können – in Verbindung mit einem geeigneten Objektiv – respektable Ergebnisse bringen.
Die richtige Kamera für Milchstraßenfotos
Wie bereits oben erwähnt brauchst du eine Kamera, die manuelle Einstellungen von ISO, Blende und Belichtungszeit zulässt. Spiegelreflex (DSLR)– und Systemkameras (DSLM) eignen sich dafür am besten, aber auch hochwertige Kompaktkameras lassen sich teilweise bereits manuell einstellen. Das Problem bei Kompaktkameras ist allerdings, dass es dafür keine Wechselobjektive gibt und außerdem der verbaute Sensor ziemlich klein ist, was das Rauschen – das Bild wird körnig dargestellt – ab bestimmten ISO-Werten verstärkt.
Die Problematik des Bildrauschens steht und fällt mit der Größe des Sensors, weshalb Vollformat-Kameras bei solchen Spezialsituationen wie Astrofotografie deutlich im Vorteil sind. Der größere Sensor lässt einfach viel mehr Spielraum bei ISO zu, sprich man kann den ISO-Wert deutlich mehr ausreizen als bei APS-C Kameras. Meine eigene Kamera, die Nikon D7100* kommt zum Beispiel schon bei ISO 1600 an ihre Grenzen was die Abbildungsqualität anbelangt, während die große Vollformat-Schwester Nikon D750* auch noch mit ISO 6400 akzeptable Ergebnisse liefert. Warum gerade die ISO bei der Sternenhimmelfotografie eine solch wichtige Rolle spielt, erkläre ich dir im Abschnitt über die richtigen Einstellungen.
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Das geeignete Objektiv für Sternenhimmelfotos
Fast noch wichtiger als die Kamera ist für Astrofotografen das geeignete Objektiv. Dies gilt zwar grundsätzlich für alle Bereiche der Fotografie, aber bei Astrofotografie ist es wirklich von essentieller Bedeutung. Die unendliche Weite des Sternenhimmels sowie die Details der Milchstraße lassen sich am besten mit einem möglichst weitwinkeligen Objektiv einfangen. Und auch im Bezug auf die Belichtungszeit hat ein Weitwinkelobjektiv große Vorteile, aber dazu komme ich später noch. Weitwinkelig bedeutet übrigens eine kurze Brennweite, das heißt wir sprechen von ungefähr 14 mm im Vollformatbereich und etwa 10-11 mm im APS-C Bereich.
Ein weiterer wichtiger Faktor beim Objektiv ist die Lichtstärke. Um die einzelnen Sterne und die Strukturen der Milchstraße sichtbar machen zu können, muss möglichst viel Licht auf den Sensor treffen. Je lichtstärker ein Objektiv (kleiner Blendenwert = große Blendenöffnung), desto mehr Licht lässt es durch und desto besser eignet es sich für Astrofotografie. Ein Blendenwert von f/2,8 gilt als ideal, kleinere Werte wie f/1,8 oder gar f/1,4 lassen natürlich noch mehr Gestaltungsspielraum zu, allerdings ist die Auswahl an geeigneten und vor allem leistbaren Objektiven mit einer solchen Lichtstärke sehr begrenzt.
Vollformat Objektiv Empfehlung für Astrofotografie & Milchstraße fotografieren
Meine im Februar 2018 in der Atacama-Wüste in Chile auf Herz und Nieren getestete absolute Objektivempfehlung für Sternenhimmelfotografie mit Nikon Vollformat-Kameras ist übrigens das brilliante Nikkor 14-24mm f/2,8*, das gerne auch als die Mutter aller Weitwinkelobjektive bezeichnet wird.
Selbst Fotografen mit Kameras von Fremdherstellern sollen dieses Objektiv gerne mit Adapter verwenden, da es auf dem Markt kaum etwas vergleichbares gibt. Auch mich hat diese Linse 100% überzeugt. Die Unterschiede in der Abbildungsqualität verglichen mit meinem Standardequipment sind wirklich phänomenal. Die Bilder sind auch bei Offenblende schon extrem scharf, die Verzerrungen gering und die Farben und Kontraste brilliant.
Man sollte sich allerdings bewusst sein, dass dieses Objektiv mit einem Gewicht von knapp 1 kg ein echter „Brocken“ ist.
Deutlich lichtstärker, aber dafür weniger weitwinkelig ist das Nikon 20 mm f/1,8* (Vollformat). Auch das geringere Gewicht und der deutlich günstigere Preis sprechen für diese Linse, die ich auf meiner Fotoreise Patagonien testen durfte.
Wenn du mit Canon fotografierst, solltest du dir zum Milchstraße fotografieren dieses Objektiv näher ansehen Canon 16-35 mm f/2,8* (Vollformat).
Auch Sony hat sein Portfolio an Objektiven für seine Systemkameras (e-Mount) stark ausgebaut.
Natürlich gibt es mittlerweile auch einige geeignete (und sehr gute!) Objektive von Fremdherstellern auf dem Markt.
Sigma 14 mm f/1,8 (Vollformat) für Canon*, Nikon* & Sony e-mount*
Sigma 20 mm f/1,4 (Vollformat) für Canon*, Nikon* & Sony e-mount*
Tamron 15-30 mm f/2,8 (Vollformat) für Canon*, Nikon*
Objektiv Tipps für APS-C Kameras
Auch wenn du mit einer Kamera mit APS-C-Sensor fotografierst und auf der Suche nach einer preisgünstigeren Alternative bist, habe ich zwei großartige Objektiv Empfehlungen für dich. Das Tokina war jahrelang meine erste Wahl für Milchstraßenfotos mit der Nikon D7100.
Tokina 11-16 mm f/2,8 (APS-C) für Canon*, Nikon* & Sony a-mount*
Samyang 14 mm f/2,8 für Canon*, Nikon* & Sony e-mount*
Ein stabiles Stativ
Um den Sternenhimmel und die Milchstraße in all ihrer Pracht einfangen zu können, musst du eine Langzeitbelichtung machen. Dafür muss deine Kamera einen sicheren Stand haben und gut fixiert sein. Wie bei normalen Nachtaufnahmen und dem Fotografieren mit Graufilter solltest du daher ein Stativ im Gepäck haben. Man kann die Kamera zwar alternativ auch auf einen Stein, den Boden oder sogar einen Rucksack stellen, doch gerade bei Sternenfotos muss man die Linse meistens stark nach oben ausrichten, wofür sich ein Stativ mit flexiblem Kugelkopf einfach am besten eignet.
Außerdem kannst du so leichter zwischen Hoch- und Querformat wechseln, was dir mehr Flexibilität in der Bildgestaltung gibt. Stative gibt es in allen möglichen Formen und Größen, auf Reisen hat sich bei mir seit Jahren das Compact Traveller von der Firma Rollei* bewährt. Es überzeugt mit seinem kompakten Packmaß von nur 33 cm und dem geringen Gewicht von 1170g in der Basisversion bzw. 980 g in der Carbon-Variante* und hält dank seiner Traglast von 5 kg trotzdem eine Vollformat-Kamera mit einem qualitativ hochwertigen Objektiv gut aus.
Fernauslöser
Um Verwacklungen durch das Drücken des Auslösers zu vermeiden solltest du einen Fernauslöser einsetzen. Einfache Fernauslöser mit Kabel gibt es schon für wenig Geld* zu kaufen und diese Investition ist wirklich sinnvoll, wenn du gerne mit Langzeitbelichtungen experimentierst. Alternativ kannst du aber auch den Selbstauslöser deiner Kamera mit 2 oder 5 Sekunden Vorlaufzeit verwenden.
Für einen gelungenen Einstieg in die Astrofotografie brauchst du also folgendes Equipment:
- eine Kamera, bei der sich die Basiswerte ISO, Belichtungszeit und Blende manuell einstellen lassen und die im Idealfall über ein überdurchschnittlich gutes Rauschverhalten verfügt.
- ein weitwinkeliges, lichtstarkes Objektiv (mindestens Lichtstärke f/2,8)
- ein stabiles Stativ
- einen Fernauslöser
Die richtigen Kameraeinstellungen für gelungene Astrofotografie
Welche Einstellung man für ein bestimmtes Foto braucht, hängt immer ganz stark von der Situation und dem erwünschten Ergebnis ab. Es gibt keine allgemeingültige Anleitung, daher ist es immer wichtig, zu experimentieren und verschiedene Sachen auszuprobieren. Aber natürlich gibt es für ein gelungenes Sternenhimmelfoto ein paar gewisse Grundregeln, die man beachten sollte:
Belichtungszeit in der Astrofotografie
Man könnte ja annehmen, dass man in entsprechend dunkler Umgebung quasi endlos belichten kann. Das ist leider bei Sternenhimmelfotos nicht der Fall und Schuld daran ist die Erdrotation. Diese ist zwar für uns normalerweise nicht spürbar, wird aber bei lange belichteten Nachthimmelfotos sichtbar, indem die Sterne nicht als Punkte sondern als Strichspuren – sogenannte Startrails – dargestellt werden. Lichtspuren können unter unter Umständen gewollt sein, doch wenn die Milchstraße im Fokus steht sollten die einzelnen Sterne aber scharf und punktförmig dargestellt werden. Daher muss man in einem ersten Schritt herausfinden, wie lange die maximale Belichtungszeit für die eingesetzte Kamera/ Objektiv-Kombination ist.
Die Formel für die richtige Belichtungszeit für Milchstraßenfotos
Bei Recherchen im Internet stößt man ziemlich schnell auf die Formel: maximale Belichtungszeit = 500 / (Cropfaktor x Brennweite). Fotografierst du mit einer Vollformat-Kamera, wie der Nikon D750, und einer Brennweite von 14 mm, würde das mit der Formel 500 / (1x 14) = 35,7 eine Belichtungszeit von knapp 36 Sekunden ergeben. Mit einer APS-C-Kamera und einem Crop-Faktor von 1,5, wie der Nikon D7100, käme man in diesem Fall auf eine maximale Belichtungszeit von knapp 24 Sekunden.
Das klingt alles sehr einfach, doch es ist Vorsicht geboten! Ich rate ganz stark dazu, diese Ergebnisse maximal als Anhaltspunkt zu nehmen, denn erfahrungsgemäß ist die maximale Belichtungszeit, um wirklich scharfe Bilder zu bekommen, deutlich kürzer als mit der Formel errechnet. Ich persönlich würde zum Beispiel bei einer Brennweite von 14 mm bzw. 11 mm auf APS-C nie mit mehr als 25 Sekunden fotografieren!
Wie lange du wirklich belichten kannst, ist aber schlussendlich Erfahrungssache. Daher empfehle ich meinen Kursteilnehmern immer mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungszeiten, um sie später am Computer zu analysieren. Mit ein wenig Übung und Routine wirst du bald wissen, welche Belichtungszeit in Verbindung mit deinem Equipment die besten Ergebnisse liefert.
Die Wahl der Blende bei Sternenfotos
Wie bereits weiter oben angesprochen ist es für ein gelungenes Sternenhimmelfoto mit möglichst vielen Details notwendig, soviel Licht wie möglich auf den Sensor zu lassen. Da wir bei der Belichtungszeit auf Grund der Erdrotation beschränkt sind, müssen wir uns das benötigte Licht von anderer Stelle holen. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Blende. Je größer die Blendenöffnung, desto mehr Licht fällt auf den Sensor. Eine große Blendenöffnung wird übrigens durch eine kleine Blendenzahl ausgedrückt.
Das mag für Laien etwas verwirrend anmuten, muss man sich aber einfach merken. Die größtmögliche Blendenöffnung eines Objektivs wird durch die Beschriftung f/Zahl oder 1:Zahl angegeben. Je kleiner die Zahl, desto weiter kann die Blende geöffnet werden. Ideal für Sternenfotos sind Objektive mit einer maximalen Blendenöffnung von f/2,8 oder sogar weniger. Die größtmögliche Blende des oben genannten Weitwinkelobjektivs Nikkor 14-24 mm ist f/2,8, es gibt aber auch Objektive mit Lichtstärke f/1,8 oder sogar f/1,4.
Milchstraße fotografieren: Die ideale Brennweite
Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Astrofotografie ist die Brennweite. Der Nachthimmel ist schier endlos und auch die Milchstraße erstreckt sich über eine ziemlich große Fläche, von daher ist es notwendig, ein möglichst weitwinkeliges Objektiv, sprich eine Linse mit einer kurzen Brennweite, einzusetzen. Bei Vollformat-Kameras wäre das eine Brennweite von ungefähr 14 mm, bei APS-C-Kameras sind 10 oder 11 mm ideal.
Wenn man dann noch die oben angesprochene Formel betrachtet sieht man außerdem, dass eine kurze Brennweite auch eine positive Auswirkung auf die Belichtungszeit hat, denn die Formel lautet ja 500/ (Crop-Faktor x Brennweite). Das heißt also, je kürzer deine Brennweite, desto länger kannst du auch belichten und das ist nicht unwesentlich bei einer Fotosituation, die soviel Licht wie möglich erfordert.
Welchen ISO-Wert benötigt man für Fotos des Sternenhimmels?
Wer sich schon ein wenig mit den Grundlagen der Fotografie beschäftigt hat, weiß, dass Belichtungszeit, Blende und ISO miteinander in Verbindung stehen. Sehr schön wird diese Abhängigkeit auch in Form eines Belichtungsdreiecks dargestellt. Wird ein Faktor verändert, muss man auch einen anderen anpassen, um ein gleich belichtetes Bild zu erhalten. Der ISO definiert die Lichtempfindlichkeit des Sensors. Je höher der ISO-Wert, desto lichtempfindlicher der Sensor. Wer noch Erfahrung mit der analogen Fotografie hat, erinnert sich bestimmt, dass es früher Filme mit unterschiedlichen ISO-Werten zu kaufen gab. 100, 200, 400, 800 usw. Das Prinzip ist heute gleichgeblieben, allerdings passt die Kamera den ISO-Wert je nach Einstellung entweder automatisch an oder er kann vom Fotografen im Menü je nach Bedarf verändert werden.
Wie bereits mehrfach erwähnt, benötigen wir für ein gutes Sternenfoto möglichst viel Licht. Daher reizen wir nicht nur die Belichtungszeit bestmöglich aus und öffnen die Blende, sondern wir schrauben auch die ISO so hoch wie möglich. Wie hoch, das hängt stark von deiner Kamera und vor allem dem verbauten Sensor ab. Hohe ISO-Werte führen nämlich irgendwann zu Bildrauschen, sprich das Bild wird vor allem an den dunklen Stellen körnig und kann Pixelfehler aufweisen.
Achtung Bildrauschen!
Je größer der Sensor, desto später tritt normalerweise das unschöne Bildrauschen auf. Das ist mit ein Grund, warum Kameras mit Vollformatsensor bei Sternenhimmelfotos einen kleinen Vorteil gegenüber APS-C-Kameras haben. Während bei meiner Nikon D7100 das Bildrauschen bereits bei ISO 1600 deutlich erkennbar ist, liefert die Vollformat-Kamera D750 auch bei ISO 6400 noch mehr als akzeptable Ergebnisse!
Richtig fokussieren in der Astrofotografie
Sind die Einstellungen geklärt, geht es um das korrekte Fokussieren. An einem dunklen Ort ohne Lichtquelle als Anhaltspunkt versagt der Autofokus und du musst manuell fokussieren. Aber auch das gestaltet sich nicht so einfach, wenn es keine Lichtquelle oder einen Gegenstand in der entsprechenden Entfernung als Bezugspunkt gibt. Einfach auf „unendlich“ stellen hilft meistens auch nicht, da die Markierung an den Objektiven fast immer zu ungenau ist. Meistens befindet sich die korrekte Position für unendlich kurz vor der Markierung, aber auch das ist von Objektiv zu Objektiv verschieden.
Auf jeden Fall solltest du dich vor deiner ersten Astrofotografie-Session mit dem manuellen Fokussieren und der korrekten unendlich Einstellung deines Objektivs beschäftigen! Auch solltest du blind dazu in der Lage sein, den Fokus an deiner Kamera und an deinem Objektiv von automatisch auf manuell umzustellen.
Der einfachste Weg, den Fokus auf unendlich zu stellen ist übrigens, untertags auf den Horizont scharf zu stellen. Danach solltest du natürlich den Fokusring deiner Kamera nicht mehr verschieben. Um sicher zu gehen, kannst du dir die unendlich Position auch mit einem Lackstift oder einem kleinen Klebestreifen am Objektiv markieren.
Eine etwas schwierigere, aber ebenfalls mögliche Methode ist mittels Live-View einen hellen Stern heranzuzoomen und diesen durch drehen des Fokusrings scharf zu stellen. Je kleiner der Lichtpunkt des Sterns am Display dargestellt wird, desto schärfer. Diese Methode funktioniert aber nur, wenn die Kamera über ein außerordentlich gutes Live-View verfügt. Erfahrungsgemäß ist dieser bei Canon übrigens deutlich besser als bei Nikon!
Eine dritte Möglichkeit ist es den Scheinwerfer eines Autos oder einer Taschenlampe aus einer gewissen Distanz als Fokuspunkt zu nehmen. Diese Vorgehensweise ist einfach, hat aber den Nachteil, dass sich deine Augen danach wieder an die Dunkelheit gewöhnen müssen.
Folgende Einstellungen solltest du für Milchstraßenfotos wählen:
- Belichtungszeit so lange wie möglich, aber so kurz wie nötig unter Beachtung der Formel 500/(Brennweite*Crop-Faktor)
- offene Blende mit einer Blendenzahl von 2,8 oder weniger
- Hohe ISO (Werte 3200- 6400)
- Fokus auf „unendlich“ bzw. auf eine Lichtquelle in der Distanz
- ev. Spiegelvorauslösung aktivieren und den Sucher mit einer Okularabdeckung abdecken
Praxisbeispiel für Astrofotografie abhängig vom gewählten Objektiv:
Ich weiß, dass die vielen Zahlen verwirrend sind, daher möchte ich dir den Zusammenhang von ISO, Blende und Belichtunszeit anhand eines Praxisbeispiels erläutern: Nehmen wir an du fotografierst die Milchstraße mit dem Nikon 14-24 mm f/2,8* bei 14 mm Brennweite, ISO 6400 und einer Verschlusszeit von 20 Sekunden. Um das idente Ergebnis mit dem Sigma 14 mm f/1,8* zu erhalten, kannst du entweder die ISO auf 3200 halbieren ODER die Verschlusszeit auf 10 Sekunden verkürzen.
Da hohe ISO-Zahlen direkten Einfluss auf die Bildqualität haben, würde ich mich persönlich übrigens für eine Reduzierung des ISO-Wertes entscheiden.
Bildausschnitt und Bildgestaltung bei Astrofotografie
Kurz möchte ich mich auch noch mit dem Thema Bildausschnitt und Bildkomposition beschäftigen. Grundsätzlich stehen im Zentrum des Interesses natürlich der Sternenhimmel und die Milchstraße, weshalb diese natürlich den größten Teil des Fotos einnehmen sollten. Um das Bild interessanter zu machen solltest du allerdings auch die Umgebung mit einbauen und so einen Vordergrund gestalten. Immer gut macht sich zum Beispiel die Silhouette von Bergen, über die sich die Milchstraße spannt. Du kannst aber auch Gebäude, Bäume oder sogar dich selbst als Motiv in Szene setzen.
Auf dem Bild unten siehst du zum Beispiel mich vor dem unglaublichen Sternenhimmel über der Atacama-Wüste in Chile. Um so ein Bild zu realisieren, solltest du eine Pose finden, die du möglichst ohne viel Bewegung über die gesamte Belichtungszeit, also meist 20-25 Sekunden, halten kannst, da Bewegungen unscharf dargestellt werden.
Bildbearbeitung der Milchstraßenbilder
Zum Abschluss möchte ich auch das Thema Bildbearbeitung kurz anreißen. Grund dafür ist, dass du vermutlich enttäuscht sein wirst, wenn du deine ersten Ergebnisse auf dem PC betrachtest. Anstelle von kräftigen Farben und detaillierten Strukturen, wie man sie von den gängigen Milchstraßen-Fotos kennt, wirst du vermutlich nur einen hellen Schleier am Sternenhimmel erkennen.
Zur besseren Veranschaulichung habe ich dir unten ein komplett unbearbeitet RAW- Foto direkt aus der Kamera eingefügt. Hier wurde noch gar nichts bearbeitet, weder die Farben, noch die Objektivkorrekturen oder die Schärfe. (an dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich von der Bildqualität dieses mit dem Nikkor 14-24 f/2,8 aufgenommenen Bildes wirklich beeindruckt war. Das Rohmaterial mit diesem Objektiv ist auf jeden Fall schon sehr gut!)
Du siehst also, dass der Feinschliff eines guten Sternenhimmelbildes immer erst in der Nachbearbeitung erfolgt. Zum besseren Vorher- Nachher Vergleich habe ich dir dasselbe Bild auch noch einmal mit einer unbearbeiteten und einer bearbeiteten Seite eingefügt. Man kann erkennen, dass durch die Objektivkorrekturen die Abschattungen an den Rändern vollkommen verschwunden sind. Außerdem fällt sofort auf, das die Farbtemperatur viel kühler ist.
Ich hatte den Weißabgleich bei der Aufnahme auf „automatisch“ gesetzt und im Nachhinein im Lightroom angepasst. Die für Milchstraßenbilder typische Farbgebung erhältst du bei einem Wert von ungefähr 3800 Kelvin. Dazu habe ich die Belichtung leicht verstärkt (nach Bedarf) und den Kontrast kräftig angehoben, um die Strukturen besser hervorzuheben.
Um die Details besser herauszuarbeiten, kannst du auch noch die Lichter reduzieren, je nach Bedarf und abhängig von der Aufnahmesituation! Mit der Rauschreduzierung („Glätten“) solltest du sparsam umgehen, da durch übermäßiges Glätten die Sterne verschwinden. Falls du die Details im Zentrum der Milchstraße herausarbeiten willst, kannst du noch den Radial-Filter anwenden und damit diesen Bereich selektiv bearbeiten.
Zum Abschluss möchte ich an dieser Stelle noch betonen, dass Bildbearbeitung natürlich sehr subjektiv ist. Wie stark ein Bild bearbeitet wird, hängt am Ende immer vom Geschmack des Fotografen ab. Verschickst du eine Rohdatei an fünf verschiedene Leute, wirst du mit ziemlicher Sicherheit auch fünf verschiedene Bearbeitungen zurückbekommen. Daher kann ich dir nur empfehlen, dich mit den Reglern in Photoshop und/oder Lightroom vertraut zu machen und ein wenig zu experimentieren. So wirst du ziemlich bald einen Workflow und auch einen eigenen Stil entwickeln.
Wichtige Schritte für die Nachbearbeitung von Milchstraßenfotos
- Immer als RAW-Datei fotografieren
- Weißabgleich auf 3600-400 Kelvin (kühl, „Leuchtstoffröhre“)
- Profilkorrekturen aktivieren
- Belichtung anheben
- Kontrast & Klarheit anheben
- Lichter reduzieren
- Tiefen nur leicht anheben (führt zu Bildrauschen)
- Sparsam mit der Rauschreduzierung „Glätten“ umgehen, da sonst die Sterne verschwinden
- Mit dem Radialfilter oder Pinsel das Zentrum der Milchstraße selektiv bearbeiten
Ich hoffe, dass dir dieses ausführliche Tutorial gefallen hat und ich dir damit Lust auf Astrofotografie und Sternenhimmelbilder gemacht habe. Solltest du zum Thema Milchstraße fotografieren noch Fragen haben oder etwas unklar sein, hinterlasse mir doch einfach einen Kommentar unter dem Artikel!
7 Comments
Hallo,
möchte auch gerne ein Milchstraßen Bild mit Lightpainting mit brennender Stahlwolle machen.
Verrätst du mir deine Kamera Einstellungen. Wäre super. Vielen Dank
Freundliche Grüsse
Jürgen
Hallo Jürgen,
die Einstellungen von dem Foto lauten wie folgt:
Brennweite: 14 mm (Vollformat)
Blende: f/2,8
Belichtungszeit 30 Sekunden
ISO 3200
Bei Lightpainting muss man generell aufpassen, dass das Foto nicht zu hell wird. Die mögliche Belichtungszeit hängt aber auch stark von der Brennweite und Blende ab! (siehe Artikel) Hast du mehr Brennweite musst du möglicherweise kürzer belichten und wieder über die ISO korrigieren. Wenn dein Objektiv nicht so lichtstark ist wirst du auch mehr ISO brauchen, um die gleiche Helligkeit zu erhalten.
LG
Lisa
Hallo Lisa
Super Bericht.
Gefällt mir sehr gut.
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Philippe
Wirklich tolle Aufnahmen und danke für die hilfreichen Tipps! Weiter so.
Super Artikel Lisa, ich werde mich demnächst mal an den Sternen versuchen, vielen Dank
Hallo Ralf,
ich wünsche dir gutes Gelingen!
LG
Lisa
TOP!!!! Und jetzt die Milchstraße finden, klaren Himmel haben, dunkle Umgebung und los….jetzt kann nichts mehr schief gehen nach diesem ausführlichen Tutorial! Danke!!!